Rasseportrait

 

Der Slowakische Rauhaarige Vorstehhund - Slovenský Hrubosrstý Stavač

 

 

 

Dieser, erst in den 1950er Jahren geschaffene und ausserhalb seines Ursprungslandes kaum verbreitete Hund ist ein ausgezeichneter Allrounder mit schneller, nicht zu weiter Suche, ausdrucksvollem Vorstehen, natürlichem Apport, angeborener Wasserfreude, hervorragenden Anlagen für die Nachsuche auf Schalenwild und obendrein einer ausgeprägten Führerbezogenheit, die sicherlich zur einfachen Ausbildbarkeit der Rasse beiträgt.
Obwohl kurz nach Ende des 2. Weltkrieges, also vor relativ kurzer Zeit entstanden, wird die Geschichte der Rasse nicht in allen Punkten übereinstimmend erzählt.

Es geschah also entweder 1950 oder 1951, dass ein slowakischer Züchter in seinem Wurf Böhmischer Rauhbärte (Cesky Fousek), die üblicherweise braun, Braunschimmel oder braun meliert sind, einen zwar rauhaarigen jedoch Weimaraner farbenen Welpen fand.
Dieser Züchter, Ladislav Greznarik aus der Stadt Sala, taufte seinen grauen Rüden Bobi Selle und da sich Bobi als ausgezeichneter Vollgebrauchshund erwies, wurde er beim befreundeten Weimaraner Züchter Koloman Slimák mindestens zweimal zum Decken der österreichischen Import Hündin Monika a.d. Haraska eingesetzt.

Aus diesen gezielten Verpaarungen der rassetypischen, kurzhaarigen grauen Hündin und dem rauhaarigen grauen, für seine Rasse also fehlfarbenen Rüden, gingen die rauhaarigen Weimaraner farbenen Welpen Flora z. Karpat und der Rüde Hlas z. Karpat hervor.
Die Bobi Tochter Flora, später ihrerseits von einem Weimaraner, Yves v.d. Wastlhütte, gedeckt, warf die rauhaarige graue Hündin Alma od Dunaja.

 

Einige Quellen berichten, dass auch Hlas z. Karpat eine Hündin aus dem österreichischen Zwinger v.d. Wastlhütte deckte.
Freilich war Greznarik nicht der einzige Cesky Fousek Züchter, bei dem gelegentlich und unerwartet graue Welpen fielen; auch Herr Gazi aus dem Dorf Pila hatte so ein untypisches Geschwisterpaar: Blesk z. Pily und dessen Schwester Jola z. Pily. Nach einer Quelle waren dies in Wahrheit sogar die ersten grauen Fouseks und wurden vor jenen in Greznariks Zwinger geboren.
Dass all diese Hunde eine gewisse kynologische Neugier weckten, ist verständlich, und es war naheliegend, die Tiere aus dem Zwinger z. Pily und jene z. Karpat zu verkreuzen.
Genau dies geschah bis 1960 unter der Leitung von Koloman Slimák.
Blesk z. Pily und Flora z. Karpat brachten einen Wurf in dem vier von sieben Welpen das Rauhaar des Cesky Fousek aber alle die Farbe des Weimaraners hatten.

Boj z. Karpat und Jola z. Pily hatten ebenfalls vier solcher Nachkommen, nämlich Rok, Roj, Roijaka und Rumba z. Karpat.
Die vielversprechenden, grauen rauhaarigen Hunde wurden zunächst im Verständnis ins experimentelle Zuchtbuch des tschechischen Jägerverbandes eingetragen, dass es sich hier um rauhaarige Weimaraner, Hurubosrsy Weimarsky Stavac, handelte.
Scheinbar lag dieser Annahme ein Übersetzungsfehler des deutschen Weimaraner Standards ins Tschechische zugrunde.
Erst 1975 (nach anderen Quellen allerdings schon 1964) wurde dem Klub in Deutschland zur Kenntnis gebracht, dass man in der Tschechoslowakei "rauhaarige Weimaraner" züchtete, registrierte und mit Kurzhaar Weimaranern verpaarte. Da der Rassestandard nur Kurzhaar und Langhaar vorsieht, durften die rauhaarigen Grauen fortan nicht mehr unter der Bezeichnung Weimaraner gezeigt und geprüft werden.
Die FCI lehnte ihre Anerkennung als neue Rasse zu diesem Zeitpunkt u.a. auf Grund der noch zu geringen Anzahl von Tieren ab.

Immerhin unterstützte nun der tschechische Jägerverband aktiv die Schaffung einer eigenständigen Rasse.

 

 
Foto: Katharina Kaminsky

Bei der bewussten Weiterentwicklung der grauen Raubärte ging es nicht einfach um eine interessante Farbvariante des Fousek, sondern um konkrete Bedürfnisse der tschechoslowakischen Jäger jener Zeit. Man brauchte mehr und mehr Hunde, die im Feld zwar schnell aber gut lenkbar und nicht zu weiträumig suchten; gewünscht war, entsprechend den Prüfungsbestimmungen, dass der Vorsteher nur etwa 30 Schritte vor und 80 Schritte beiderseits des Führers arbeitete. Ausserdem betrachtete man eine hervorragende Veranlagung für Verlorensuche und Apport auch aus dem Wasser sowie für die Schweissarbeit als grundlegend wichtig.
Die genetischen Voraussetzungen zum vielseitig und in jedem Terrain und Klima einsetzbaren Vollgebrauchshundes, die der Fousek - übrigens einer der ältesten rauhaarigen Vorsteher überhaupt und mit Gewissheit ein Vorfahre des Deutsch Drahthaar - bereits mitbrachte, hoffte man in den Weimaraner-Kreuzungsprodukten noch zu verstärken.
Die Ablehnung rauhaariger Weimaraner seitens des deutschen Weimaraner Klubs und somit für die slowakischen Züchter die Notwendigkeit, in Eigenverantwortung zu handeln, brachte letztlich nur Vorteile.
Zum einen konnte man nun im Hinblick auf die gewünschten Arbeitsqualitäten der entstehenden Rasse problemlos geeignete Vertreter nicht nur von Fousek und Weimaraner, sondern auch Deutsch Drahthaar und Pudelpointer einkreuzen, und möglicherweise gelangte auch der eine oder andere Deutsch Kurzhaar in die Zucht.
Zum anderen bestand keine Notwendigkeit mehr, Tiere, die farblich vom Weimaranergrau abwichen, von der Weiterzucht auszuschliessen. Man konnte sich also vor allem auf ein Wetter resistentes Haarkleid, optimale Jagdanlagen, makelloses Wesen und hohe Führigkeit konzentrieren.

 

Foto: Katharina Kaminsky

Ausserdem entschied man, die Zucht basierend auf der Verkreuzung von drei Blutlinien fortzusetzen. Die erste Linie bestand ausschliesslich aus reinrassigen Fouseks jedoch mit grauer Farbe; die zweite enthielt nur Fousek-Weimaraner Kreuzungen und die dritte schliesslich umfasste Tiere, die vorwiegend von nur einem Weimaraner abstammten, nämlich dem Rüden Buben v. Zehnthof.
1981 existierten in der Tschechoslowakei rund 400 registrierte Hunde der Rasse, und am 6. Juni 1982 wurde der Slovensky Hrubosrsty Stavac oder Slowakische Rauhaar Vorstehhund endlich von der FCI anerkannt.
Ende 1984 waren bereits 550 Hunde im Zuchtbuch eingetragen und von diesen absolvierten 260 erfolgreich die HZP.

2005 erkannte man die Notwendigkeit, eine neue Blutlinie aufzubauen, um morfologischen und gesundheitlichen aber auch Problemen des Fells zu begegnen.
Nach der Aufteilung der ehemaligen Tschechoslowakei in Slowakei und Tschechische Republik Mitte der 90er Jahre und die damit verbundenen politischen Veränderungen, wurde der Slowakische Rauhaar allmählich auch in Westeuropa etwas bekannter.
Die ersten 1997 nach Grossbritannien importierten Rassevertreter, Amie und Amaretto vom Kapffelsen stammten zwar aus Deutschland, aber Spek, Santal und Supa zo Sorosa kamen direkt aus der Slowakei und diese fünf bildeten gemeinsam die Grundlage für die britische Zucht, die 1999 mit dem ersten Wurf begann.
Im Jahr 2011 lebten bereits rund 400 fast ausschliesslich graue Slowakische Rauhaar in Britannien, so dass die im Ursprungsland besonders geschätzte Grauschimmel Variante kaum anzutreffen ist. Und, leider muss man, sagen, züchten die Briten ihre Slowakischen Vorsteher vor allem für Schönheitswettbewerbe.

 

 

Gegenwärtig gibt es auch in Schweden, Frankreich, Holland, Deutschland, Schweiz, Österreich und Italien einige wenige Anhänger der Rasse, obwohl sich die Welpenzahlen noch recht bescheiden ausnehmen.
Aber es wäre auch alles andere als wünschenswert, wenn der Slowakische Rauhaar, wie schon sein Vorfahre der Weimaraner, zum Modehund würde, der das ungeeignete Publikum anzieht. Man kann nur hoffen, dass die wenigen Züchter, insbesondere ausserhalb der Slowakei, dem Motto "For hunters only!" treu bleiben.
Mit durchschnittlich etwa 33 Welpen pro Jahr und einer Gesamtpopulation von rund 400 registrierten Rassevertretern, ist der Slowakische Rauhaar auch im Ursprungsland kein besonders stark verbreiteter Gebrauchshund, doch ist Qualität der Quantität sicherlich vorzuziehen, solange man nicht die kontrollierte Einkreuzung anderer Rassen zur gelegentlichen Blutauffrischung scheut.
Obwohl das Weimaranergrau am Anfang des Slowakischen Hundes stand, darf dieser bis zu 68 cm hohe Vorsteher nicht nur Grau in verschiedenen Schattierungen, sondern auch Grau mit weissen Abzeichen oder Grauschimmel sein.

 

Sabine Middelhaufe, 2012